Im Mittelpunkt der
Ansichtssache #19 steht das Bildnis des Augsburger Goldschmiedes Martin
Marquart, das um 1560 entstand und erst kürzlich restauriert wurde. Damit
erstrahlt nicht nur der Dargestellte in neuem Glanz, sondern auch die bemalte
Rückseite, die wohl erstmals überhaupt öffentlich gezeigt werden kann. Sie
weist eine äußerst ungewöhnliche Thematik auf, denn bei der Szene eines Satyrs,
der in Gegenwart des weinenden Amorknaben einer Nackten eine Kette überreicht,
handelt es sich um ein Sinnbild käuflicher Liebe. So mag dem Mann, hier durch
den triebhaften und hässlichen Satyr repräsentiert, auch das Liebesglück
abhandengekommen sein, wie Amors Klagen veranschaulichen – immerhin aber bietet
sich dem Wohlhabenden noch der Trost käuflicher Lustbefriedigung. Vielleicht
ließ Marquart die Rückseite erst in fortgeschrittenem Alter, und zwar als
Witwer, mit der dann durchaus auch augenzwinkernd zu verstehenden Szene
schmücken, wobei die dargereichte Goldschmiedearbeit eine Brücke zu seinem
Berufsstand schlägt. Vorstellbar ist, dass das Werk als eine Art Möbel- oder
Nischentür im Privatbereich unseres Goldschmiedes gedient hat, wo nur
ausgewählte Besucher die anzügliche Rückseite zu Gesicht bekamen. Reste von
Scharnieren belegen zumindest, dass es einst klappbar war.
https://www.khm.at/besuchen/ausstellungen/ansichtssache-19/
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