Neuschwanstein
schloss neuschwanstein heute –
besucherrekorde und erhaltungsprobleme
besucherrekorde und erhaltungsprobleme
Sieben Wochen nach dem Tod König Ludwigs II. wurde Neuschwanstein im
Jahr 1886 dem Publikum geöffnet. Der menschenscheue König hatte die Burg
erbaut, um sich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen – jetzt wurde sein
Refugium zum Publikumsmagneten.
Neuschwanstein gehört heute zu den meistbesuchten Schlössern und
Burgen Europas. Rund 1,4 Millionen Menschen jährlich besichtigen "die Burg
des Märchenkönigs". Im Sommer drängen sich im Durchschnitt täglich mehr
als 6.000 Besucher durch Räume, die für einen einzigen Bewohner bestimmt waren.
Das führt – in Verbindung mit dem alpinen Klima und Licht – zu
erheblichen Belastungen für die wertvollen Möbel und Textilien, um
deren Erhalt sich die Schlösserverwaltung intensiv bemüht.
Die idyllische Lage von Neuschwanstein ist einmalig. Allerdings müssen
Bewegungen im Fundamentbereich ständig überwacht und die steilen Felswände
immer wieder gesichert werden. Ebenso greift das raue Klima die
Kalkstein-Fassaden stark an, was immer wieder Sanierungsmaßnahmen erfordert.
KÖNIG LUDWIG II. VON BAYERN
Biographie
Geboren am 25. August 1845 in Schloss Nymphenburg
König von Bayern 1864–1886
Gestorben am 13. Juni 1886 im Starnberger See
König von Bayern 1864–1886
Gestorben am 13. Juni 1886 im Starnberger See
Ein ewig Rätsel
Der Mythos bildete sich schon zu Lebzeiten des Königs. "Ein ewig
Rätsel will ich bleiben mir und anderen", hatte Ludwig einst seiner
Erzieherin geschrieben, und dieses Rätselhafte fasziniert die Menschen noch
heute.
Der Dichter Paul Verlaine nannte Ludwig II. den "einzigen wahren
König dieses Jahrhunderts". Der menschenscheue Träumer, das Gegenbild
eines Bürgerkönigs, ist noch heute als "der Kini" präsent und wird
als Idol verehrt.
Seine Schlösser, die nie ein Fremder betreten sollte, wurden seit dem
Tode Ludwigs II. von mehr als 50 Millionen Menschen besucht. Sie sind steinerne
Zeugen der idealen Gegenwelt, die der König sich in Abwendung von der Gegenwart
errichtete.
An dem Versuch der Selbstverwirklichung im Historischen, im Poetischen
und im Idealen ist Ludwig II. schließlich gescheitert. Er zog den Tod wohl der
Rückkehr in die Wirklichkeit vor.
Prinz Ludwig
Der Geburtstag des Prinzen fiel auf den Tag des heiligen Ludwig IX.,
König von Frankreich und Stammvater des Hauses Bourbon. Sein Großvater und
Taufpate Ludwig I. von Bayern, am gleichen Tag geboren, hatte Ludwig XVI. von
Frankreich zum Paten gehabt.
Für das Selbstverständnis des Prinzen blieb diese Beziehung zum Königshaus der Bourbonen zeitlebens bedeutsam.
Für das Selbstverständnis des Prinzen blieb diese Beziehung zum Königshaus der Bourbonen zeitlebens bedeutsam.
Ludwig und sein Bruder Otto wurden streng und pflichtbetonend erzogen.
Die Eltern Maximilian II. von Bayern und Marie von Preußen hielten Distanz.
"Ludwig kostümierte sich gern ..., zeigte Freude am
Theaterspielen, liebte Bilder und dergleichen ... und schenkte ... gern anderen
von seinem Eigentum, Geld und Sachen", vermerkte die Mutter. All das blieb
so. Auch die starke Phantasie, der Hang zur Vereinzelung, das ausgeprägte
Hoheitsgefühl sind bei Ludwig von Kindheit an bezeugt.
Der junge König
Mit 18 Jahren bestieg Ludwig II. 1864 den Thron: ohne Lebens- und
Politikerfahrung, aber zumal von den Frauen schwärmerisch verehrt.
König Ludwig II. in Generalsuniform
und Krönungsmantel (F. v. Piloty);
Bild vergrößert sich durch Anklicken
Im Rückblick äußerte er 1873:
"Ich bin überhaupt viel zu früh König geworden. Ich habe nicht genug gelernt. Ich hatte so schön angefangen, ... Staatsrecht zu lernen. Plötzlich ward ich herausgerissen und auf den Thron gesetzt. Nun, ich suche noch zu lernen ..."
"Ich bin überhaupt viel zu früh König geworden. Ich habe nicht genug gelernt. Ich hatte so schön angefangen, ... Staatsrecht zu lernen. Plötzlich ward ich herausgerissen und auf den Thron gesetzt. Nun, ich suche noch zu lernen ..."
Schon 1866 erlitt Ludwig II. die größte Niederlage seines Lebens:
Das expandierende Preußen besiegte 1866 im "Deutschen Krieg" Österreich und Bayern. Seitdem war Bayern außenpolitisch von Preußen abhängig und sein König nur noch ein "Vasall" seines preußischen Onkels.
Das expandierende Preußen besiegte 1866 im "Deutschen Krieg" Österreich und Bayern. Seitdem war Bayern außenpolitisch von Preußen abhängig und sein König nur noch ein "Vasall" seines preußischen Onkels.
Wagner
Die Musikdramen und Schriften Richard Wagners begeisterten schon den
Kronprinzen. Ludwig wollte den Komponisten nach München holen, sobald er König
sei, und die Festspielidee verwirklichen. 1864 rief er Wagner zu sich und
rettete ihn damit aus größter Not.
"… Heute wurde ich zu ihm geführt. Er ist leider so schön und
geistvoll, seelenvoll und herrlich, dass ich fürchte, sein Leben müsse wie ein
flüchtiger Göttertraum in dieser gemeinen Welt zerrinnen ... Von dem Zauber
seines Auges können Sie sich keinen Begriff machen: wenn er nur leben bleibt;
es ist ein zu unerhörtes Wunder!", schrieb der Komponist nach der ersten
Begegnung.
Portrait-Fotografie
Richard Wagners
(F. Hanfstaengl); Bild vergrößert
sich durch Anklicken
(F. Hanfstaengl); Bild vergrößert
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In den folgenden Jahren wurde München durch die Uraufführungen von
"Tristan und Isolde" (1865), "Die Meistersinger von
Nürnberg" (1868), "Das Rheingold" (1869) und "Die
Walküre" (1870) zur Musikhauptstadt Europas. Ludwig II. führte damit die
mäzenatische Tradition des Hauses Wittelsbach glanzvoll fort.
Wagner allerdings musste München schon Ende 1865 verlassen, da er sich
in Regierungsgeschäfte einmischte. Später verwahrte sich Ludwig II. auch gegen
antisemitische Äußerungen des Freundes. Am kostspieligen Dienst für das Genie
Wagners hielt er allerdings fest. Das für München geplante monumentale
Festspielhaus wurde in stark vereinfachter Form in Bayreuth errichtet und 1876
mit dem Zyklus "Der Ring des Nibelungen" eingeweiht; 1882 wurde dort
"Parsifal" uraufgeführt. Ohne das Engagement Ludwigs II. hätte es die
Bayreuther Festspiele nicht gegeben.
Gegenwelt
Ludwig II. war durchdrungen von der Idee eines heiligen Königtums von
Gottes Gnaden. In der Realität war er ein konstitutioneller Monarch, ein
Staatsoberhaupt mit Rechten und Pflichten und geringen Spielräumen. Er
errichtete sich daher eine Gegenwelt, in der er sich – fern von der Gegenwart –
als wahrer König empfinden konnte. Seit etwa 1875 lebte er nachts und schlief
am Tage.
Bereits 1868 entstanden Idealentwürfe, von Theatermalern geschaffen,
für eine "Neue Burg Hohenschwangau" hoch über dem beschaulichen
Hohenschwangau seines Vaters, für einen "Byzantinischen Palast" und
für eine Kopie von Versailles. Von Anfang an war die Gegenwelt
epochenübergreifend. Die "Neue Burg" (nachmals Neuschwanstein),
versetzte in das christliche Königtum des Mittelalters, das neue Versailles, ab
1878 auf Herrenchiemsee errichtet, vergegenwärtigte den barocken Absolutismus
der bourbonischen Könige Frankreichs. Linderhof im Graswangtal wurde ab 1869 zu
einem Sammelplatz für Illusionen verschiedenster Herkunft, unterstützt von
modernster Technik.
Modernste Technik verwendet auch die Folge fantastischer Kutschen und
Schlitten, in denen der König sich nachts fortbewegte, gelegentlich im historischen
Kostüm.
Gegenüber dem Aufenthalt in den Bergen wurden die in München immer
kürzer. Die Gegenwelt aufrechtzuerhalten halfen dort die
"Separatvorstellungen" im Hoftheater, Opern- und
Schauspielaufführungen nur für den König allein.
Gralskönig
Mehr und mehr identifizierte Ludwig II. sich mit Parzival, jener
mittelalterlichen Sagengestalt, die dank Reinheit und Glauben zum Gralskönig
wird und damit zum Erlöser des sündenbeladenen Vorgängers. Der innere Kampf um
Sündenfreiheit und Reinheit drückt sich in den Tagebüchern des strenggläubigen Königs
erschütternd aus. Richard Wagners letztes Werk "Parsifal", seit 1877
komponiert, thematisiert diesen Mythos. Wagner und sein Kreis nannten den König
intern "Parsifal"; seine Problematik floss in das Gralsdrama ein.
Neuschwanstein, ursprünglich dem Sängerwesen des Mittelalters gewidmet, wurde
neu interpretiert als Gralsburg und der Thronsaal zur Gralshalle ausgestaltet –
für ein Mysterium des Erlösens zum Heile der Welt.
"Der Einsame"
Die selbstgewählte "ideal-monarchisch-poetische Einsamkeit"
war auf Dauer mit den Pflichten eines Staatsoberhauptes nicht zu vereinbaren.
Ebenso wenig waren die immer neuen Kulissen mit den privaten Mitteln eines
Königs zu finanzieren. Ludwig scheiterte an dem Wunsch, Illusion und
Traumsphäre in der Wirklichkeit zu verankern.
Seit 1885 drohten ausländische Banken mit Pfändung. Die Verweigerung
einer rationalen Reaktion darauf durch den König war 1886 der Auslöser für
Unmündigkeitserklärung und Absetzung durch die Regierung – ein Vorgehen, das
die bayerische Verfassung nicht vorsah. Ludwig II. wurde in Schloss Berg
interniert. Einen Tag später kam er zusammen mit dem Psychiater, der das
Unmündigkeitsattest verfasst hatte, unter ungeklärten Umständen im Starnberger
See ums Leben.
http://www.neuschwanstein.de/deutsch/ludwig/biograph.htm
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